Magnetresonanztomographie (MRT) stellt ein wichtiges Verfahren zur medizinischen Diagnose im Zusammenhang mit etwa Hirn- und Muskel-Skeletterkrankungen oder Brustkrebs dar, doch konventionelle MR-Verfahren haben einen entscheidenden Nachteil: Krankheits- oder auch therapiebedingte Veränderungen des Körpers müssen sich bereits morphologisch manifestiert haben, d.h. die Organe müssen sich schon verändert haben, um im Rahmen der Bildgebung wahrnehmbar zu sein. Was aber, wenn es MR-Methoden gäbe, mittels welcher derartige Veränderungen bereits auf molekularer-stoffwechselbasierter Ebene – also noch bevor sie morphologisch wahrnehmbar sind – erkannt werden könnten? Dies würde Frühdiagnostik erlauben und ermöglichen, Behandlungen besonders frühzeitig beurteilen und anpassen zu können. Was nach Science-Fiction klingen mag, hat Laborleiter Siegfried Trattnig gemeinsam mit seinem Team des (höchst erfolgreich von Februar 2015 bis Jänner 2022 laufenden) CD-Labors für Klinische Molekulare MR Bildgebung ("MOLIMA") und Unternehmenspartner Siemens Healthineers tatsächlich ermöglicht!
Diagnostik im Mikrokosmos
Dreh- und Angelpunkt sind dabei Methoden der MR-Spektroskopie (MRS), bei denen die Bildgebung anhand der Protonen erfolgt, welche die Kerne der (aufgrund des hohen Wasseranteils eines Menschen sehr häufigen) Wasserstoffatome darstellen, und solche, bei denen die Untersuchung des menschlichen Körpers auf anderen (weit selteneren) Kernen wie z. B. Natrium- oder Phosphorkernen basiert, die es erlauben, molekulare Marker im menschlichen Körper zu definieren, anhand derer verschiedene klinische Fragestellungen beantwortet werden:So basieren z.B. MRS-Verfahren zur Analyse von Stoffwechselprozessen im Gehirn, welche bei der Diagnose von Hirntumoren, Multipler Sklerose oder fokaler Epilepsie wichtige Dienste leisten, auf Protonen und erlauben die quantitative Erfassung mehrerer Metaboliten (etwa bezüglich Energiestoffwechsel oder Neurotransmittermetabolismus) gleichzeitig. Natrium-23-Bildgebung, mittels welcher sowohl die gesamte als auch spezifisch die intrazelluläre Natriumkonzentration nichtinvasiv messbar ist, wird wiederum für die Untersuchung von Nieren und im muskulo-skeletalen Bereich, aber auch zur Früherkennung von Brustkrebs angewandt (siehe auch die Textbox rechts).
Wissenschaft und Unternehmen – eine starke Partnerschaft!
Um direkt in die molekulare Ebene "blicken" zu können, ist freilich auch entsprechend hochentwickelte Technologie notwendig: Selbst Hochfeld-MR-Scanner mit 3 Tesla Flussdichte reichen nicht mehr aus wenn die protonenbasierte MRS-Methode voll ausgenützt werden soll. Mit der Natrium-Bildgebung wiederum gehen Nachteile wie sehr niedriges Signal-zu-Rauschverhältnis, lange Messzeiten und niedrige Auflösung einher: Um eine höhere Signalqualität zu erreichen ist ein MR-Gerät mit hoher Feldstärke (7 Tesla) notwendig, aber genauso wichtig sind die komplexen methodischen und Post-Processing-Errungenschaften des MOLIMA-Labors, damit die Natrium-Bildgebung klinisch sinnvoll eingesetzt werden kann. Hier kommt der Unternehmenspartner ins Spiel: Das Stammhaus der Firma Siemens Healthineers in Erlangen wurde durch die Ergebnisse der klinischen 7T-Studien von Prof. Trattnig und seinem Team in Wien maßgeblich dazu bewogen, das weltweit erste für klinische Anwendung zugelassene MRT-Gerät mit 7 Tesla Flussdichte zu entwickeln, was den Einsatz der erarbeiteten Methoden in der Praxis ermöglicht: Zukünftige Patient*innen werden von dieser Partnerschaft enorm profitieren!
Frühere Diagnose und bessere Behandlung
Der Blick in die molekulare Ebene des menschlichen Körpers
Karrieren und Erfolge
Das Forschungsthema in Kürze:
In unserer Serie “Erfolgsgeschichten” stellen wir Ihnen herausragende Wissenschaftler*innen, ihre Arbeit und die Früchte der selbigen ausführlich vor: Heute geht es um Univ.-Prof. Dr. Siegfried Trattnig und seine faszinierenden Fortschritte in der Magnetresonanzspektroskopie!
Enormer Fortschritt:
Für Natrium-23-Bildgebung zur Früherkennung von Brustkrebs ermöglicht das neue Prinzip sogar, bereits nach dem ersten Chemotherapiezyklus, also schon nach wenigen Tagen, Aussagen darüber treffen zu können, ob behandelte Patient*innen auf die Behandlung ansprechen – und wenn nicht, kann die laufende Chemotherapie auf Basis der gesammelten Informationen gleich in sinnvoll umgestellter Form weitergeführt werden, ohne zusätzliche Zeit mit einer insuffizienten Therapie zu verlieren.

CD Laboratory for Clinical Molecular MR Imaging
Head of research unit
Univ.Prof. Dr. Siegfried Trattnig
Medizinische Universität Wien
Duration
01.02.2015 - 31.01.2022