CDG: Herr Professor Trattnig, herzlichen Glückwunsch an Sie und Ihr Team für die großen Forschungserfolge während der Laufzeit des CD-Labors für Klinische Molekulare MR-Bildgebung! Wie haben Sie die vergangenen sieben Jahre erlebt? Was schätzen Sie besonders am Fördermodell der CD-Labors?
Trattnig: Die letzten 7 Jahre waren eine sehr spannende wissenschaftliche Reise, da wir uns mit dem CD-Labor MOLIMA ein ambitioniertes und großes Ziel gesetzt hatten: Nämlich quantitatives, molekulares Imaging bei verschiedenen klinischen Fragestellungen zum Einsatz zu bringen und hier Vorteile sowohl in der Diagnostik als auch in der Therapieverlaufskontrolle zu erarbeiten. Das Fördermodell des CD-Labors ermöglicht eine konzentrierte Arbeit in verschiedenen wissenschaftlichen Bereichen auf einer gemeinsamen Plattform, was eine systematische und klar strukturierte Forschungsarbeit gewährleistet.
Die lange Laufzeit von 7 Jahren unter der Voraussetzung, dass zwei Evaluationen positiv bewertet werden, stellt einerseits einen ausreichend langen Zeitraum dar, um Großprojekte von der Grundlagenforschung und Methodenentwicklung in die klinische Forschung zu bringen, andererseits für drittmittelfinanzierte Mitarbeiter*innen eine längerfristige Perspektive für Ihre Anstellung, was für die Mitarbeiter*innenmotivation ein ganz wesentlicher Aspekt ist. Aus dieser Sicht hat sich für uns das Fördermodell des CD-Labors als äußerst vorteilhaft erwiesen.
CDG: Wie profitierten Sie von der Kooperation mit dem Unternehmenspartner bei der Grundlagenforschung und welche Herausforderungen gab es im Zuge der Zusammenarbeit?
Trattnig: Unsere Forschungs-MRT Geräte am Hochfeld MR Zentrum (zwei 3T-Geräte und unser Flaggschiff, ein 7T-MRT, das bisher österreichweit einzige 7T-Ganzkörper-MRT) sind Geräte des Unternehmenspartners Siemens Healthineers, was für gemeinsame Forschungsaktivitäten eine wesentliche Voraussetzung ist. In enger Abstimmung mit den Forschungsabteilungen von Siemens Healthineers haben wir Ultrahochfeld-Grundlagenforschung in der Methodenentwicklung mit Blick auf die spätere klinisch orientierte Forschung und Anwendung betrieben. Wien verfügt dabei über eine besondere Stellung, da das Hochfeld MR Zentrum in unmittelbarer Nähe zum AKH Wien steht, einem der größten Spitäler Europas. Dies war die Voraussetzung, um die methodischen Entwicklungen auf 7T relativ rasch in die klinische orientierte Forschung mit kontrollierten Patient*innenstudien zu bringen. Aufgrund begrenzter Möglichkeiten im Siemens Healthineers Stammhaus in Erlangen wurde ein Teil von Forschung und Entwicklung nach Wien ins Hochfeld MR Zentrum verlagert. Die Zusammenarbeit funktioniert seit vielen Jahren ausgezeichnet, was wohl auch daran liegen dürfte, dass für beide Partner eine echte Win-Win-Situation entstanden ist.
CDG: Wie wird sich die medizinische Diagnostik ihrer Prognose nach in den nächsten Jahren ändern?
Trattnig: In der Bildgebung werden wir einen Paradigmenshift von qualitativer zu quantitativer Bildgebung sehen, der auch wesentlicher Inhalt unseres CDL MOLIMA war. Die quantitative Bildgebung ist die Voraussetzung, um Imaging Biomarker zu entwickeln, die in der Pharmaindustrie die Chance haben als Primary Endpoint in klinischen Studien eingesetzt zu werden, um die Effektivität neu entwickelter Medikamente evaluieren zu können. In der MR-Technologie werden wir mit MR Fingerprinting eine Revolution insofern sehen, als mit einer einzigen kurzen Sequenz sämtliche Informationen wie qualitative Kontrastbilder und quantitative Karten des Gewebes erhalten werden können. Zudem wird Deep Learning helfen, MR-Untersuchungen mit hoher Auflösung schneller und damit für Patient*innen angenehmer durchführen zu lassen. Mit Radiomics kann das Gewebe auf MR-Bildern mittels Texturanalyse mit unterschiedlichen Methoden noch sensitiver beurteilt werden: Schließlich können prädiktive Marker bei verschiedenen Erkrankungen in einer Kombination aus Bilddaten, klinischen Daten und molekulargenetischen Daten etabliert werden (Radiogenomics).
"Eine echte Win-Win-Situation"
10.06.2022: Interview mit Laborleiter Siegfried Trattnig
Interviews
CD-Labor für Klinische Molekulare MR Bildgebung
Leitung
Univ.Prof. Dr. Siegfried Trattnig
Medizinische Universität Wien
Laufzeit
01.02.2015 - 31.01.2022