Die Christian Doppler Forschungsgesellschaft CDG ist stolz auf ihren Bottom-Up-Ansatz: Sie gibt den von ihr geförderten Forschungseinheiten, CD-Labors und JR-Zentren keine Themen vor, jedes Thema, an dem ein Unternehmenspartner Forschungsbedarf hat und das auf höchstem Niveau beforscht werden muss, ist wichtig und zulässig. Es hat sich gezeigt, dass das Fördermodell gerade deshalb in besonderem Maße dazu geeignet ist, zukunftsweisende Themen frühzeitig zu identifizieren und zu bearbeiten. Auch gesellschaftlich relevante Themen wie die Energiewende und die Kreislaufwirtschaft werden in zahlreichen CD-Labors und JR-Zentren behandelt.
Wie in der Pressemeldung im August verlautbart werden drei Dissertationen in CD-Labors und eine in einem JR-Zentrum gefördert: Es geht um Recycling bei Wahrung gewünschter Materialeigenschaften, um den Energieträger Wasserstoff sowie um die Optimierung von Biogas-Gewinnung – alles große Zukunftsthemen. Update Oktober 2024: Erfreulicherweise können nun noch drei weitere Projekte gefördert werden, deren Vorstellung weiter unten folgt.
Nachhaltig den Wind einfangen
Windkraftanlagen spielen eine wesentliche Rolle in der nachhaltigen Energiegewinnung. Die mangelnde thermische Umformbarkeit ihrer überwiegend aus faserverstärkten Kunststoffen hergestellten Rotorblätter stellt jedoch eine Herausforderung für das Recycling dar. Im Dissertationsprojekt des CD-Labors für Organokatalyse in der Polymerisation von Assoc.Prof. DI Dr. Christian Slugovc werden daher bekannte und neuartige Harzzusammensetzungen diesbezüglich untersucht und mittels Katalysatoren modifiziert: So soll Recycling ermöglicht werden, ohne die Betriebseigenschaften zu beeinträchtigen.
Wasserstoff und Stahl – eine Symbiose
Auch Wasserstoff ist, als CO2-freie Alternative zu fossilen Energieträgern, ein Schlüsselelement für die Energiewende: Für darauf basierende Technologien wie neuartige Verbrennungsmotoren spielt widerstandsfähiger, gut recycelbarer Stahl eine wichtige Rolle als Konstruktionswerkstoff. Da dieser allerdings unter Wasserstoff-Einfluss versprödet, wird im Rahmen der Dissertation im CD-Labor für Moderne beschichtete Schneidwerkzeuge von Priv.Doz. DI Dr. Nina Schalk untersucht, wie mit Legierungen aus multiplen Elementen die ideale Wasserstoff-Barrierewirkung erzielt werden kann.
Straßenverkehr der Zukunft
Das Dissertationsprojekt des CD-Labors für Innovative Regelung und Überwachung von Antriebssystemen von Assoc.Prof. DI Dr. Christoph Hametner dreht sich ebenfalls um Wasserstoff als Energieträger, spezifisch in Bezug auf nachhaltige Mobilitätslösungen und mit Brennstoffzellen-Elektrofahrzeugen in einer Schlüsselrolle: Dabei werden intelligente Regelungskonzepte und künstliche Intelligenz untersucht, um Effizienz und Lebensdauer zu optimieren. Ziel ist es, nachhaltige Verkehrslösungen zu fördern und das Verkehrsökosystem umweltfreundlicher zu gestalten.
Das Kraftwerk Kläranlage
Eine weitere Energiequelle ist Biogas: Aus thermochemischer Vergasung kommunaler Reststoffe entstandene Aktivkohle wird in Kläranlagen eingesetzt, um Mikroschadstoffe zu entfernen. Wenn der so versetzte Klärschlamm in einen sogenannten Anaerob-Reaktor gelangt, entsteht durch enzymatische Spaltung hochmolekularer Verbindungen Biogas. Um diesen Prozess zu optimieren, widmet sich die Dissertation im JR-Zentrum für Produktion von Pulveraktivkohle aus kommunalen Reststoffen von Prof.(FH) Dr. Angela Hofmann der Analyse der Auswirkungen dieser Aktivkohle auf die mikrobielle Gemeinschaft.
Noch mehr gute Nachrichten: Ende September 2024 konnte die CDG zusätzlich die Förderung dreier weiterer Dissertationen in CD-Labors genehmigen, die sich um die Themenkomplexe Energiewende und Kreislaufwirtschaft drehen!
Der Kreislauf der Lebensmittel
Beim „Upcycling“ werden Nebenprodukte oder Abfallstoffe in neue Materialien oder Produkte höherer Qualität umgewandelt: Ein Alltagsbeispiel wären etwa aus alten Bestandteilen neu gebaute Möbel. Im CD-Labor für Wachstumsentkoppelte Proteinproduktion in Hefe von Assoz.Prof. DI Dr. Brigitte Gasser entsteht jedoch ein Dissertationsprojekt, das sich der Erforschung der wissenschaftlichen Grundlagen einer ganz anderen, neuartigen Spielart dieses Prinzips widmet: Eine mithilfe mikrobieller Hefe-Stämme erfolgende Umwandlung von Getreide-, Obst- und Gemüseabfällen aus der Lebensmittel- und Getränkeproduktion in Proteine mit Mehrwert, die wiederum für die Herstellung von Lebensmitteln benötigt werden!
Kohlenstoffprodukte der Zukunft
Die Dissertation im CD-Labor für Modellbasierte Regelung komplexer Prüfstandssysteme von Univ.Prof. DI Dr. Martin Horn befasst sich mit der Pyrolyse: In Zuge dieses Vorgangs, der sich vielversprechend für die Hersteller „grüner“ Kohlenstoffprodukte zeigt, wird organisches Material bei hohen Temperaturen und unter Ausschluss von Sauerstoff umgewandelt. Dabei entstehen prozessabhängig feste, flüssige und gasförmige Produkte. Um so beispielsweise Biokohle mit bestimmten erwünschten Eigenschaften herzustellen, muss der Prozess möglichst ideal verstanden und geregelt werden, zum Beispiel in Bezug auf Wechselbeziehungen von Parametern wie Brennstoff- und Produkteigenschaften. Daher soll im Rahmen des Projekts ein fortschrittliches systematisches Pyrolyse-Regelungskonzept auf Basis mathematischer Modelle entwickelt werden.
Energieeffizienz für alle
Im CD-Labor für Methoden zur Qualitätssicherung von autonomen Cyber-Physikalischen Systemen von Univ.Prof. DI Dr. Franz Wotawa reift ein Dissertationsprojekt heran, das sich der Senkung des Energieverbrauchs durch möglichst effiziente, sinnvolle Produktnutzung widmet. Genauer gesagt werden in diesem Zusammenhang Diagnosemethoden für Produkte und Dienstleistungen untersucht und es soll, gestützt auf KI (Künstliche Intelligenz), ermöglicht werden, dass Nutzer*innen ebensolche (ggf. auch miteinander kombinierte) Diagnosemethoden finden und auswählen können, die ideal zu ihren spezifischen Anwendungsfällen passen: So sollen Produkte bzw. ihre Komponenten besonders energieeffizient genutzt werden können, zum Beispiel elektrifizierte Antriebsstränge in Autos oder (Energie-)Dienstleistungen wie Heiz- oder Kühlsysteme.