05/24 Zwischen Zweifel und Fakten

Der CDG-Zukunftstalk im Mai 2024: Eindrücke aus der Debatte

Eindrücke aus der Debatte

„Neben der konstruktiven Skepsis gibt es auch die destruktive Skepsis. Dieser geht es nicht um wissenschaftlichen Fortschritt, sondern letztlich um die Diskreditierung der Wissenschaft“

Alexander Bogner


„Die Integrität der Wissenschaft ist weitestgehend transparent in den letzten 40/50 Jahren gegeben, davor gab es schon auch dunkle Zeiten. Und es passieren schon auch immer wieder irgendwelche Ausrutscher. Man kann nur stetig darauf pochen, dass es die entsprechenden Qualitätskontrollen gibt, das ist unser aller Aufgabe.“

Eva Maria Binder


„Überall im Internet werden wir mit gefilterter Information konfrontiert. Alles ist auf die eigenen Neigungen abgestimmt. Liest man wissenschaftskritische Artikel bekommt man Vorschläge für wissenschaftskritische Inhalte, das sind die berühmten Filterblasen“

Julia Neidhardt


„Wenn politische Konflikte zu Wissenskonflikten werden, laufen die, die da nicht mithalten können Gefahr, sich zu radikalisieren, um ihre Meinung halten zu können. Sie verdammen die gesamte Wissenschaft, um ihre Werte zu verteidigen, weil sie für ihre Position keine Unterstützung aus der Wissenschaft finden. Deshalb müssen politische Konflikte auf der politischen Ebene geführt werden.“

Alexander Bogner


„Die Selbstregulierungsmechanismen der Wissenschaft sind während der Pandemie unter Druck geraten, Prozesse mussten beschleunigt werden, es gab Veröffentlichungen vor dem Peer-Review, plötzlich fand Wissenschaft über Twitter statt – in der Medizin geht es aber wieder dorthin zurück, wo es vor der Pandemie gut funktioniert hat“.

Guido Wollmann


„Gegen Filterblasen könnte Transparenz helfen, also das Offenlegen der Algorithmen. Dann könnten die Leute ein Gefühl dafür bekommen, warum sie bestimmte Inhalte angezeigt bekommen. Auch Bildung ist wichtig, zum Beispiel mit Demonstrationen zu ChatGPT in Schulklassen, für die Wissenschaft ist das aber eine Ressourcenfrage“

Julia Neidhardt


„Nur sehr, sehr wenige Menschen halten das wissenschaftliche Weltbild an sich für falsch und glauben zum Beispiel, man könne die Natur gar nicht enträtseln. Es gibt aber viele, die sagen, die Wissenschaft läuft falsch, weil sie von wirtschaftlichen oder politischen Interessen dominiert ist. Daher muss die Wissenschaft sehr darauf achten, dass sie nicht nur unabhängig ist, sondern auch als unabhängig wahrgenommen wird. Gemeinsame Auftritte mit der Politik sind aus dieser Sicht problematisch.“

Alexander Bogner


„Ausbildung, Ausbildung, Ausbildung“

Eva Maria Binder


„Die konstruktive Skepsis hat einen großen positiven Gehalt und gehört unbedingt zur Wissenschaft. Vielleicht so lange, bis dann in der Wissenschaft – aufgrund dieser langen, wiederholbaren, notwendig reproduzierbaren Beweise – etwas als Faktum und als richtig publiziert und dargestellt wird. Dann muss man irgendwann zu dem Schluss kommen, dass gewisse Fakten als Fakten zu akzeptieren sind.“

Ulrike Unterer


„Mitte des letzten Jahrhunderts sprach man davon, dass das medizinische Wissen sich etwa alle 50 Jahre verdoppelt. Heute sprechen wir von etwa zwei bis drei Monaten. Das führt dazu, dass niemand mehr, selbst in seinem eigenen Kernbereich, immer on top ist. Aber nur weil jeder Wissenschaftler fehlbar sein kann mit einzelnen Aussagen, heißt das nicht, dass die Wissenschaft per se nicht glaubhaft ist.“

Guido Wollmann


„Falschmeldungen gehen oft von einzelnen Accounts aus. Diese Accounts frühzeitig zu erkennen ist ein Katz- und Maus-Spiel, es gibt aber gute Möglichkeiten, z.B. Netzwerkanalyse und Mustererkennung.“

Julia Neidhardt

Es war eine hochkarätige Runde, die sich am 15.05.2024 im APA-Pressezentrum versammelte: 

„Forschende Unternehmen brauchen eine kritische Masse an Menschen, die der Wissenschaft glauben. Es liegt daher im Interesse dieser Unternehmen, interessierte Personen zu fördern, auch außerhalb des Unternehmens.“

„Drei Dinge müssen kommuniziert werden: Vermittlung wissenschaftlicher Erkenntnisse, Sichtbarmachen der wissenschaftlichen Methode, und Darstellen der Unabhängigkeit der Wissenschaft.“

„Der Effekt der Filterblasen ist schwer nachweisbar, da er komplex ist und die dahinterliegenden Algorithmen nicht offengelegt werden müssen. Die Dynamik ist aber eindeutig besorgniserregend: Sie tragen zur Polarisierung bei und verstärken Anschauungen, die Meinungsspektren verengen sich“.

„Aufklärung, Transparenz, Bildung, Kommunikation“

„Gesunde Skepsis ist ein integraler Bestandteil der Wissenschaft. In der Kommunikation mit Fachleuten ist Skepsis ein zentrales, oftmals sehr herausforderndes Element, aber es gibt Zeit für Debatten. In der Außenkommunikation mit Laien fehlt oft die Zeit; in der Pandemie wuchs die Skepsis, ohne das adäquate Zeit für die Auseinandersetzung blieb.“

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