Worum es geht
Zu viel Stress bringt Zellen dazu, seneszent zu werden. Seneszente Zellen betreiben noch Stoffwechsel, verlieren aber ihre Teilungsfähigkeit. Sie sehen anders aus als die noch teilungsfähigen Zellen und sekretieren unter anderem Entzündungsstoffe. Mit zunehmendem Alter akkumulieren seneszente Zellen. Das führt zu chronischen Entzündungsreaktionen und hat negative Auswirkungen auf die Funktionsfähigkeit des jeweiligen Gewebes.
Für die Kosmetik geht es natürlich um die Auswirkungen in der Haut. Hier sind insbesondere zwei Effekte der seneszenten Zellen problematisch: Vermehrte Entzündungen und die Ausschüttung bindegewebsabbauender Enzyme. Die Folge sind zum Beispiel sinkende Elastizität, Wasserverlust und schlechtere Wundheilung. Betroffen sind aber auch alle anderen Gewebe: Bei Blutgefäßen stehen seneszente Zellen in Zusammenhang mit Arteriosklerose, in Knochen mit Osteoporose und im Gehirn mit neurodegenerativen Krankheiten wie Alzheimer oder Demenz
Die Forschungsfrage
Nach aktueller Lehrmeinung gehen Zellen in Seneszenz, nachdem sie von zu vielen Stressfaktoren getroffen wurden und dadurch das Risiko akkumulierender Mutationen bei weiteren Teilungen zu groß würde.
Man versucht daher nicht, sie in Teilung zurückzubringen sondern sucht nach Methoden, ihre negativen Eigenschaften zu unterdrücken – etwa die Sekretion der Entzündungsstoffe zu verhindern. Welche Substanzen sind dazu geeignet?
Assoz.Prof. Dr. Grillari konzentriert sich in seinem CD-Labor auf die seneszenten Zellen der Haut. Deren molekularbiologischen Mechanismen werden detailliert erforscht, und darauf aufbauend 3D-Modelle der alternden Haut in der Petrischale entwickelt. An diesen Modellen werden dann verschiedene potenzielle Wirkstoffe getestet und ihre Wirkweise entschlüsselt.
Die Kooperation im CD-Labor
Mit Chanel Parfums Beauté hat Prof. Grillari einen idealen und innovativen Partner für die Erforschung der Seneszenz der Haut gefunden. Das Unternehmen befasst sich seit 25 Jahren mit der Alterung der Haut und seit zehn Jahren mit den Mechanismen der Zellalterung und hat große Erfahrung mit der Herstellung von Pflanzenextrakten, die sich positiv auf die Haut auswirken. Die systematischen Untersuchungen an den Modellen des CD-Labors sowie die Entschlüsselung der Wirkmechanismen auf molekularer Ebene helfen dem Unternehmen bei der zielgerichteten Identifikation der wirksamsten Substanzen.
Ergebnisse
Und tatsächlich: Eines der untersuchten Pflanzenextrake – es basiert auf der Goldrute Solidago virgaurea alpestris – hemmt die Ausschüttung der schädlichen Stoffe durch die seneszenten Zellen. Die Epidermis wird dicker, die Oberhaut erhält ein jugendlicheres Aussehen. Eine darauf basierende Hautcreme ist seit 2018 am Markt, der Unternehmenspartner Chanel nennt sie „das Beste, das wir je hatten“.
Die Identifikation von Wirkstoffen gegen zelluläre Seneszenz und die Entschlüsselung ihrer Wirkmechanismen könnten auch unsere Perspektive auf Alter und altersassoziierte Krankheiten verändern und eröffnen ein weites Feld für neue Grundlagenforschung im biomedizinischen Bereich.
Visionen für die Zukunft
Im nächsten Schritt der Grundlagenforschung wird es darum gehen, nicht nur die negativen Eigenschaften der seneszenten Zellen zu unterdrücken, sondern sich auch an die Elimination dieser Zellen zu wagen. Die Hauptstoßrichtung dieser Forschung ist therapeutisch/ medizinisch. Die Ergebnisse der Forschung lassen sich auf alle Organe anwenden, besonders intensiv erforscht werden aktuell Niere und Lunge, ein Beispiel sind mögliche Anwendungen bei Nierentransplantationen.