Ultrakurz gepulste Laser arbeiten mit Laserimpulsen im Femto- und Pikosekunden-Bereich (10-15 bis 10-12 Sekunden). Gegenüber herkömmlichen Lasern haben sie den Vorteil, dass das bearbeitete Material nicht warm wird. Es können auch spröde und besonders harte Materialien bearbeitet und Materialien mit hoher Präzision bis in den Nanometerbereich strukturiert werden.
Diese Hightech-Laser wurden ursprünglich für die wissenschaftliche Forschung entwickelt, die Anwendungen im industriellen Bereich werden aber immer vielfältiger. Genau hier setzt Sandra Stroj mit dem JR-Zentrum für Materialbearbeitung mit ultrakurz gepulsten Laserquellen an: Sie erforscht, was mit diesen Lasern alles machbar ist. Dazu braucht es nicht nur genaues Wissen über die Funktionsweise der Laserquelle, sondern auch zu den Eigenschaften des untersuchten Materials.
Der Unternehmenspartner High Q Laser GmbH (ein Teil von MKS Instruments, Inc.), ein führender Hersteller für Ultrakurzpulslaser, profitiert durch die Erschließung neuer Anwendungsbereiche seines Produktes und durch die Stärkung der fachlichen Kompetenz bei der Kundenberatung und -betreuung.
Beispiel: Funktionale Oberflächen nach dem Vorbild eines Wüstenkäfers
Der Wüstenkäfer (Stenocara gracilipes) gewinnt Wasser aus dem Morgennebel, indem er seine Flügel in den Nebel hält. Auf diesen Flügeln finden sich eng nebeneinander winzige, wasseranziehende Hügel und wasserabweisende Täler. Dadurch entstehen kleine Wasserkugeln, die zum Mund des Käfers rollen, der damit deutlich mehr Wasser aus dem Nebel gewinnt, als dies mit glatten Oberflächen möglich wäre.
Dem Team um Preisträgerin Sandra Stroj ist es gelungen, dieses Prinzip mit einer Kombination aus Beschichtungsprozess und Bearbeitung mit ultrakurz gepulsten Lasern nachzubauen. Das Ergebnis ist ein Herstellungsprozess für Funktionale Oberflächen, auf denen beliebige Benetzungszustände erzeugt und kombiniert werden können. Der Prozess wurde wissenschaftlich publiziert und vom Unternehmenspartner patentiert. Die Vermarktung erfolgt als ClearSurfaceTM durch den Unternehmenspartner. Anwendungsmöglichkeiten reichen von der Bekämpfung von Kondenswasser bei industriellen Maschinen bis hin zur einer Trinkwassergewinnung in meernahen Trockengebieten, die weder eine Energieversorgung noch komplexe Anlagen benötigt.
Beispiel: Tumorzerstörung durch Laserlicht
Bei dieser Methode wird Licht über Glasfasern direkt in Tumorgewebe eingebracht, das zuvor mit photoaktiven Stoffen angereichert wurde. Dadurch wird das Licht lokal stark absorbiert, was idealerweise zu einer selektiven Zerstörung des Tumors führt.
Wesentlich ist dabei, dass das Licht am Ende der Glasfasern präzise an die richtige Stelle kommt. Ein Fall für die ultrakurz gepulsten Laser: Mit diesen ist es möglich, nur das Innere der mikrometerdünnen Glasfasern so zu bearbeiten, dass dort Streuzentren entstehen, die das Licht definiert ausstreuen. Ein wesentlicher Fortschritt in der Krebsbehandlung.
Beispiel: Aktuatoren aus Piezomaterial für die Quantenoptik
Piezo-Einkristalle sind dünne, extrem poröse und temperaturempfindliche Materialien, die sich ausdehnen und zusammenziehen, wenn man elektrische Spannung anlegt. Für wissenschaftliche Untersuchungen in der Quantenoptik muss dieses Material in komplexe Strukturen gebracht werden – eine Aufgabe für ultrakurz gepulste Laser und die Arbeitsgruppe von Dr. Stroj. Die so hergestellten Piezoaktuatoren sind eine weltweite Neuheit und werden erfolgreich im Bereich der Quantenoptik eingesetzt, einem Themengebiet mit hoher wissenschaftlicher Relevanz.
„Dank der engen und überaus erfolgreichen Zusammenarbeit zwischen der FH Vorarlberg sowie unserem Unternehmen innerhalb des Josef-Ressel Zentrums konnten wichtige Fragestellungen im Bereich der Mikrostrukturierung mit ultrakurz-gepulsten Lasersystemen wissenschaftlich untersucht sowie neue Anwendungsfelder im industriellen Bereich eröffnet werden. Hier sei im Speziellen die Funktionalisierung von Oberflächen erwähnt: dank der hervorragenden Arbeit des Teams um Frau Dr. Sandra Stroj konnten z.B. hydrophobe (=wasserabweisende) und hydrophile (=wasserliebende) Oberflächenstrukturen erzeugt werden, welche unter anderem in naher Zukunft Flugzeugflügel vor einer Vereisung schützen könnten; somit könnte größtenteils auf die Verwendung der gesundheitsschädlichen Flugzeug-Enteisungsmittel im Winter verzichtet werden. Ein anderes, sehr interessantes Anwendungsgebiet betrifft die gezielte Lenkung von Flüssigkeiten (wie z.B. das menschliche Blut) in sogenannten mikro-fluidischen Systemen (auch Lab-on-a-Chip Bauteile genannt), wodurch z.B. geringste Mengen einer Flüssigkeit automatisch analysiert werden könnten.
Die mehrjährige Zusammenarbeit mit Frau Dr. Stroj und ihrem Team hat mir einmal mehr gezeigt, wie wichtig und wertvoll der enge Austausch zwischen Akademia und Industrie ist und wie schnell neue Erkenntnisse gewonnen werden können - welche sowohl wissenschaftlich wertvoll als auch industriell interessant sind - wenn Experten/Innen aus Wissenschaft und Industrie zusammenarbeiten.“
Dr. Jürg Aus der Au, Senior Director of Engineering, High Q Laser GmbH/MKS Instruments, Inc.