Das CD-Labor für Erneuerbare Syngas Chemie

Das künstliche Blatt: Nachhaltige Treibstoffe sind möglich

Öl, Gas, Kohle: Fast 80 % des Energieverbrauchs der Menschheit kommen derzeit aus der Verbrennung fossiler Kraftstoffe. Ein Christian Doppler Labor legt die Grundlagen für klimaneutrale Kraftstoffe nach dem Vorbild der Photosynthese.

Worum es geht

Bei nachhaltiger Energie denken viele zuerst an Windräder und Solarzellen – also an Strom. Aber auch Kraftstoffe könnten klimaneutral gewonnen werden – Vorbild dafür ist die Photosynthese der Pflanzen: Aus CO2 und Wasser könnte mit Hilfe von Sonnenlicht nachhaltiges Syngas gewonnen werden – und in der Folge alle bisher aus Erdöl gewonnenen Produkte. Bei ihrer Verbrennung würde nicht mehr CO2 frei als bei der Herstellung zuvor gebunden wurde. Die bestehenden Systeme (Autos, Flugzeuge, Heizanlagen) könnten dann weiterverwendet werden – wären aber nicht mehr klimaschädlich.

Die Forschungsfrage

Die Biochemie der Photosynthese ist gut erforscht: Aus CO2 und Wasser werden Zucker und als Nebenprodukt Sauerstoff – die Energie dafür kommt von der Sonne. Der Prozess ist komplex und läuft in vielen Zwischenschritten ab. Eine wesentliche Rolle spielen Chlorophyll für die Lichtabsorption, Enzyme, die die Reaktion ermöglichen und anstoßen, und die richtige räumliche Anordnung.

Was in der Natur funktioniert ist grundsätzlich auch technisch umsetzbar – daher nahm das CD-Labor für Erneuerbare Syngas-Chemie sich diesen Prozess zum Vorbild. Ziel war aber natürlich nicht Zucker, sondern Synthesegas – kurz Syngas. Dieses Gemisch aus Wasserstoff (H2) und Kohlenmonoxid (CO) wird heute im Megatonnen-Maßstab aus fossilen Brennstoffen – also nicht nachhaltig – gewonnen und ist Basis für zahlreiche Produkte der petrochemischen Industrie, z. B. Kunststoffe, Düngemittel oder Medikamente. Könnte es nach dem Vorbild der Photosynthese nachhaltig gewonnen werden, könnte daraus auch nachhaltiger Brennstoff gemacht werden.

Die Arbeit im CD-Labor

Die WissenschafterInnen im CD-Labor für Syngas-Chemie standen vor zwei großen Herausforderungen: Welche Materialien sind als Katalysatoren geeignet, können also die Reaktion anstoßen und so die Rolle der Enzyme der Photosynthese übernehmen? Dazu wurden die Enzyme der Photosynthese genau analysiert und in der Folge kostengünstige und stabile Moleküle mit vergleichbaren Eigenschaften hergestellt: Neu entwickelte molekulare Katalysatoren für die Gewinnung von Kohlenmonoxid aus Kohlendioxid und von Wasserstoff aus Wasser.

Die zweite große Frage betrifft die sonnenlichtabsorbierenden Materialien und deren Oberflächen,an denen diese Katalysatoren angeordnet werden müssen: Welche Materialien sind geeignet und wie müssen die Katalysatoren darauf angeordnet werden, damit die Energie der Sonne optimal aufgenommen und verwertet werden kann?

Ergebnisse: Es ist möglich

Nach sieben Jahren Laufzeit des CD-Labors konnten Laborleiter Prof. Reisner und sein Team zeigen, dass seine Idee tatsächlich funktioniert: In Cambridge steht ein Prototyp, der auch als „künstliches Blatt“ bezeichnet werden kann. Das wenige Millimeter dicke, mehrere Quadratzentimeter große Blättchen besteht aus zahlreichen Schichten und ist vollständig in Wasser eingetaucht. Es erzeugt bei Raumtemperatur mit Hilfe von Sonnenlicht aus Wasser und CO2 Syngas, als Nebenprodukt fällt – wie bei der Photosynthese – Sauerstoff (O2) an. Mit dem neuen Wissen konnten im CD-Labor auch neue Katalysatoren für die Umwandlung von Biomasse- und Plastikabfällen für die petrochemische Industrie entwickelt werden.

Visionen für Wissenschaft und Wirtschaft

Noch steht die Forschung am Anfang: Der Prototyp ist klein und teuer, hat nur eine kurze Betriebszeit und ist nicht effizient in der Nutzung der Sonnenenergie. Ob und wann daraus echte Alternativen zu fossilen Brennstoffen entstehen, wird maßgeblich von den politischen Rahmenbedingungen und dem Engagement von Staaten und Unternehmen abhängen, betont Laborleiter Reisner. Bei entsprechender Anstrengung sei es aber denkbar, dass der Umstieg von fossilen zu erneuerbaren Brennstoffen bis 2050 gelingt.

 

Anwendungsorientierte Grundlagenforschung und Innovation

Für Unternehmen bedeutet die Teilnahme an einem CD-Labor eine Investition in echte Innovation. Mit Grundlagenforschung wird Neuland betreten, die Ergebnisse schaffen im Wettbewerb den entscheidenden Wissensvorsprung. Dabei können auch unerwartete Ergebnisse der Grundlagenforschung eine wichtige Rolle spielen: Ein „Nebenprodukt“ der Forschung im CD-Labor sind etwa patentierte Katalysatoren zur solarbetriebenen Umwandlung von Biomasse- und Plastikabfällen in Grundchemikalien für die petrochemische Industrie. Abfallreduktion und die Herstellung neuer Produkte können so mit wesentlich geringerem CO2-Ausstoß als bisher erfolgen.

Leitung

Prof. Erwin Reisner

University of Cambridge

Laufzeit

01.04.2012 - 31.03.2019

Unternehmenspartner

OMV AG

Christian Doppler Forschungsgesellschaft

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