CD-Labor für Inclusion Body Prozessierung 4.0

Laborleiter Spadiut an einer ÄKTA pure. Damit wird Proteinreinigung mittels Chromatographie durchgeführt.
In Maßstäben von 200 mL – 30 L werden an der TU Wien kontrollierte Fermentationen u.a. mit Bakterien durchgeführt, genau überwacht und im Detail analysiert.

Dieses CD-Labor erforscht die Grundlagen zur gezielten Herstellung sogenannter Inclusion Bodies, Produktaggregate, die bei der Herstellung von rekombinanten Proteinen in E. coli entstehen und großes Potential als Biopharmazeutika haben.

 

E. coli ist ein etablierter Produktionsorganismus für rekombinante Proteine in der biopharmazeutischen Industrie. Während dieses Prozesses bilden sich auch unlösliche Produktaggregate, sogenannten Inclusion Bodies (IBs). Es hat sich herausgestellt, dass diese IBs äußerst attraktive Eigenschaften haben und für die Produktion von Biopharmazeutika genützt werden können. So weisen IBs z.B. extrem hohe Wirkstoffkonzentrationen (Produkttiter) und eine sehr hohe Produktreinheit auf. Nichtsdestotrotz beruhen state-of-the-art Prozesse zur gezielten Herstellung von IBs nach wie vor auf Empirie statt Quality-by-Design (QbD). Prozesse zur gesteuerten Lösung (Solubilisierung) und Neufaltung (Refolding) der Proteine aus den IBs werden spezifisch für einzelne Produkte entwickelt. Es existiert kein Plattformwissen aus dem sich allgemeine Prinzipien ableiten lassen. Außerdem sind diese Prozesse von niedrigen Ausbeuten, hoher Variabilität, Unvorhersehbarkeit, langen Entwicklungszeiten, sowie Umweltproblemen gekennzeichnet.

In diesem CD-Labor werden die grundlegenden Aspekte untersucht, wie man Proteinsekundärstrukturen in IBs erhält, d.h. wie man durch Wasserstoffbrücken zwischen den CO- und NH-Gruppen des Peptidrückgrats eine gezielte Bildung, beispielsweise einer Helix, erreicht. Dafür werden auch die Protein-spezifischen Limitationen in dieser Hinsicht bestimmt. Weiters werden die Expressionssysteme verglichen und untersucht, wie E. coli auf verschiedene Prozessparameter hinsichtlich Physiologie, Viabilität, Produktivität und Produktqualität reagiert.

Außerdem werden Möglichkeiten zur effizienten IB-Ernte untersucht, d.h. es wird geklärt unter welchen Bedingungen aktives Protein aus den unlöslichen IBs freigesetzt werden kann. Dafür stehen stehende Ultraschallwellen und ionische Flüssigkeiten als neuartiges mildes Solubilisations-Agens zur Verfügung. Weiters wird untersucht, welchen Effekt elektrische Pulse auf die Neufaltung des freigesetzten Proteins haben und es werden bestehende Lücken im Grundlagenwissen zu Refolding-Modellen geschlossen.

Die kurzfristigen Ziele dieses CD-Labors sind die Erweiterung des Basisverständnisses der IB-Bildung und die Entwicklung von neuartigen Methoden und Instrumenten für Prozessierung und Monitoring. Das gewonnene Prozessverständnis wird dazu beitragen, den ökologischen Fußabdruck solcher Prozesse zu senken, indem Puffervolumina und Reaktorgrößen verringert werden können. Das mittelfristige Ziel ist es, den aktuellen, auf einzelnen Chargen basierenden Herstellungsprozess in einen (semi-)kontinuierlichen Prozess mit entsprechender Prozessanalytik umzuwandeln und somit kleinere Anlagen zu ermöglichen. Das langfristige Ziel ist es, den gesamten IB-Prozess von der Kultivierung im Bioreaktor bis hin zur Protein-Rückfaltung und der Produktreinigung zu analysieren und dadurch detailliertes Wissen zu jedem Prozessschritt zu generieren. Prozessverständnis wird geschaffen und mittels solider Datenauswertung und Modellierung beschrieben, um letztendlich einen Digital Twin von ausgesuchten IB-Prozessen zu erhalten und diese somit fit für „Industrie 4.0“ zu machen. Das gewonnene Grundlagenwissen über IBs kann schlussendlich in die Industrie zu übertragen werden.

Laborleiter Spadiut zeigt einen typischen Bioreaktoraufbau im Labormaßstab an der TU Wien. Darin werden kontrollierte mikrobielle Fermentationen durchgeführt.
Im CD Labor Inclusion Body Prozessierung 4.0 werden Herstellungsprozesse von Biopharmazeutika, die auf sog. Einschlusskörperchen („inclusion bodies“; Bsp. Insulin) beruhen, ganzheitlich durchgeführt und integriert analysiert, um diese komplexen Prozess als digitalen Zwilling abbilden zu können.

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Eröffnung am 23.02.2023: Pressemeldung der TU Wien

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