Der Antrieb von morgen

11/24: Der CDG-Zukunftstalk im Oktober 2024 zur Defossilisierung der Mobilität

Eindrücke aus der Debatte

„Die Aufgabenstellung ist klar: Wir haben nur noch CO2-freie Energieerzeugung und am Ende wollen wir irgendwie fahren. Das können Batteriefahrzeuge sein, das können Fahrzeuge mit Wasserstoff und Brennstoffzellen sein oder mit E-Fuels“.

Peter Prenninger


„Ein Fahrzeug muss nicht nur effizient sein, sondern auch zahlreiche weitere Kriterien erfüllen, um eine sichere und wirtschaftliche Nutzung zu gewährleisten. Dazu zählen beispielsweise die Dynamik und Beschleunigungsfähigkeit, die ein entscheidender Sicherheitsfaktor sind, sowie die Lebensdauer, insbesondere von Batterien, die einen zentralen wirtschaftlichen Aspekt darstellen. Die Regelungstechnik hat die Aufgabe, ein optimales Gleichgewicht zwischen all diesen Kriterien zu finden.“

Stefan Jakubek


„Die Defossilisierung der Mobilität können wir zu zwei Dritteln über Technologien erreichen – das dritte Drittel muss durch nachhaltiges Mobilitätsverhalten erreicht werden, und das heißt: wir können so nicht weitermachen, sondern müssen unser Verhalten ändern.“

Barbara Lenz


„Betrachtet man nur den Energieverbrauch, sind batterieelektrische Fahrzeuge die effizienteste Variante, gefolgt von Wasserstoff/Brennstoffzelle und - mit deutlichem Abstand - Verbrennerlösungen mit E-Fuels. Bei der Bewertung, was eine bessere oder schlechtere Lösung ist, müssen jedoch weitere Faktoren berücksichtigt werden, wie z.B. gesellschaftliche Akzeptanz, Verfügbarkeit des Energieträgers, Erschwinglichkeit oder Infrastrukturanforderungen.“

Jette Krause


„Viele der notwendigen Technologien sind im Wesentlichen bereits vorhanden. Die Herausforderung ist immer das Scale Up, also der Einsatz im industriellen Maßstab - darin liegt die Herausforderung“.

Nikolai Schubert


„Die notwendige Defossilisierung ist eine der Aufgaben der Automobilindustrie. Das Thema ist so dringlich und offensichtlich, dass die Industrie gemeinsam daran arbeitet.

Peter Prenninger


„Wir halten sehr wenig von der Effizienz von E-Fuels im Straßenverkehr. Aber in der Luftfahrt wissen wir, dass es keine andere Möglichkeit gibt, diese Energiedichte bereitzustellen. Deshalb forschen wir an synthetischen Kraftstoffen für die Luftfahrt. Ganz konkret betreiben wir Forschungsprojekte, die es uns ermöglichen werden, E-Fuels in der Qualität von Jetfuels herzustellen.“

Nikolai Schubert


„Wenn es um die Defossilisierung des Personenverkehrs geht, ist die Elektromobilität, der Weg zum Ziel. E-Fuels sind wichtig für die Luft- und Schifffahrt.“

Barbara Lenz


„Die Szenarien mit Verbrennungsmotoren verbrauchen sehr, sehr viel Energie. Eine Flotte, die nur mit E-Fuels betrieben wird, verbraucht bis zu dreimal mehr Energie als eine Flotte mit Elektroautos“.

Jette Krause


„E-Fuels können nur sehr energieintensiv hergestellt werden. Aber wir haben ein Problem mit der bestehenden Flotte: In Deutschland wird das verbleibende CO2-Budget zur Einhaltung des 1,5 Grad-Ziels bereits in den 2030er Jahren allein mit der bestehenden Verbrenner-Fahrzeugflotte aufgebraucht sein. Eine Defossilisierung muss also die bestehende Flotte berücksichtigen und hier können E-Fuels einen Beitrag leisten“.

Peter Prenninger


„Auch durch Optimierungen am Fahrzeug - wie Antriebsstrang, Aerodynamik, Rollwiderstand, etc. - kann noch einiges an Effizienz gewonnen werden. Im optimistischen Szenario, also wenn die Potenziale aller Optimierungsmaßnahmen ausgeschöpft werden, kann gegenüber dem pessimistischen Szenario rund ein Drittel des Energieverbrauchs eingespart werden“.

Jette Krause


„Die Autos sind so viel größer geworden, dass die erzielten massiven technischen Effizienzgewinne vielfach aufgegangen sind in der Größe des Fahrzeugs.“

Barbara Lenz


„Die OMV wandelt sich zu einem Unternehmen für nachhaltige Chemieprodukte, für nachhaltige Kraftstoffe und Energie.“

Nikolai Schubert


Die wichtigste Randbedingung ist die Verfügbarkeit von grüner Energie - im wesentlichen grünem Strom – von der Erzeugung bis zur Verteilung. Und zwar in den Dimensionen, in denen wir heute fossile Energie verbrauchen. Hier sind wir noch weit entfernt davon, die nötigen Größenordnungen zu erreichen.“

Nikolai Schubert


„Die Regelungstechnik umfasst hochentwickelte Methoden, wie die modellprädiktive Regelung (MPC). Während MPC in der Prozess- und Chemieindustrie bereits etabliert ist, eröffnet sie im Fahrzeugbereich vielversprechende Möglichkeiten. Diese Technologie erlaubt es, Störungen vorausschauend zu erkennen und darauf zu reagieren, was sowohl die Energieeffizienz steigert als auch die Lebensdauer von Fahrzeugkomponenten deutlich verlängert.“

Stefan Jakubek


„In einer dezentralen Regelung könnte künftig jedes Fahrzeug mit einem Transponder ausgestattet werden, sodass einzelne Akteure wie Autos, Fahrräder oder Sattelschlepper nahtlos miteinander kommunizieren und sich koordinieren könnten. Dezentrale Regelungsansätze werden bereits erfolgreich in der Klimatisierung komplexer Gebäude oder in Smart Grids eingesetzt. Dieses Verfahren bietet großes Potenzial für hochvolatile und komplexe Systeme, die gleichzeitig eine hohe Resilienz gegenüber Störungen erfordern.“

Stefan Jakubek


„Wenn wir Treibhausgase schnell reduzieren wollen, ist ein breit gemischter Technologie-Ansatz am besten: Für jede Anwendung, für jeden Fahrzeugtyp und jedes Lastprofil wird die jeweils optimale und effizienteste Technik eingesetzt – und auch die Infrastruktur, die am einfachsten anzupassen ist. Jeder einzelne Technologiepfad produziert – zu 100% angewendet – mehr Treibhausgase als dieser gemischte Ansatz, der noch dazu der schnellste und der billigste Weg ist. Das kommt AVL entgegen, denn wir arbeiten seit jeher an möglichst effizienten Lösungen für unterschiedliche Antriebstechnologien“.

Peter Prenninger


„Bei den E-Fuels kommt es sehr darauf an, ob sie mit 100 Prozent zusätzlichem erneuerbarem Strom hergestellt werden oder nicht. Und dann stellt sich die Frage, ob wir überhaupt in der Lage sind, so große Mengen an erneuerbarem Strom zu erzeugen, zusätzlich zum Verbrauch in anderen Sektoren.“

Jette Krause


„Verkehr ist von allen CO2-emittierenden Bereichen derjenige, der es seit 20 Jahren nicht schafft, seinen CO2-Ausstoß zu reduzieren. Politisch ist das Thema sehr gut geeignet, Fronten aufzumachen, die Politik braucht daher Mut und Fantasie.“

Barbara Lenz


„Ein defossilisiertes Verkehrssystem ist teurer als der Bestehende. Wenn wir Klimaschutz ernst meinen, dann müssen wir akzeptieren, dass das Leben teurer werden wird.“

Peter Prenninger


„Damit die neuen Technologien sich durchsetzen, braucht es politische Unterstützung mit langem Atem. Unternehmen müssen sich darauf verlassen können.“

Barbara Lenz


„Wir brauchen auch Push-Maßnahmen. Parkraumbewirtschaftung zum Beispiel ist sehr wirksam, um das Mobilitätsverhalten zu beeinflussen.“

Barbara Lenz


„In der Regelungstechnik gibt es zahlreiche KI-Methoden, die bereits bewährt und sicher sind. Die zentrale Herausforderung in deren Anwendung liegt jedoch in den Daten: Oft werden die benötigten Daten nicht erfasst oder sind nur schwer zugänglich. Die Aufgabe besteht darin, die relevanten Informationen aus den Systemen zu extrahieren und die Regelungsverfahren so zu gestalten, dass sie schnell, effizient und flexibel auf diese Daten reagieren können.“

Stefan Jakubek

Es war eine hochkarätige Runde, die sich am 16.10.2024 im APA-Pressezentrum versammelte: 

„Die meisten modernen Regelungsverfahren werden in der Industrie noch nicht flächendeckend beherrscht. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Forschung und Industrie, insbesondere in der Automobilbranche, wird daher immer wichtiger. CD-Labors bieten hierfür ein hervorragendes Instrument, um den Wissenstransfer zu fördern und innovative Ansätze zu katalysieren.“

„Die Elektrifizierung durch batterieelektrische Fahrzeuge hat ein enormes Potenzial, bis 2050 sehr effizient zu werden. In den effizientesten von uns untersuchten Szenarien erreichen Flotten, die weit überwiegend batterieelektrisch betrieben werden, einen Gesamtenergieverbrauch von unter 1.000 TWh Well to Wheel, also inklusive Erzeugung der Kraftstoffe und deren Transport zum Fahrzeug. Das ist umso bemerkenswerter, als der Straßentransport in der EU derzeit jährlich über 3.000 TWH verbraucht – und zwar nur Tank to Wheel, also ohne Produktion und Transport der Kraftstoffe.“

„Technologie allein wird’s nicht richten, aber die notwendige Änderung im Mobilitätsverhalten kann mit Technologien durchaus vorangetrieben werden. Besonders gute Beispiele sind etwa das E-Bike oder auch Ruftaxisysteme auf Basis von Informationstechnologien.“

„Die niedrigsten Emissionen werden erreicht, wenn man alle Technologien kombiniert und intelligent einsetzt. Man muss nicht komplett elektrifizieren, man muss kein Wasserstoffnetz für den gesamten Verkehr aufbauen und auch kein vollständiges Verteilnetz für E-Fuels. Mit einer Kombination aller Technologien kommen wir am schnellsten - und am billigsten - zu einem 100% defossilisierten Verkehrssystem.“

„Wir sprechen hier von großen Investitionen, die sich nur über Jahrzehnte rechnen. Jetzt gilt es, stabile Investitionsvoraussetzung zu liefern, politische Sicherheit zu bieten, damit die Schritte auch Realität werden können.“

 

 


„Es hat in der Vergangenheit keine Wunder gegeben und es wird auch in der Zukunft keine Wunder geben“.

Peter Prenninger


„Nachhaltige Energie und Mobilität haben einen anderen Kostenfaktor. Ich muss die Illusion nehmen, wir könnten einfach das fossile Energieprodukt durch ein nachhaltiges ersetzen und unseren gewohnten Energieverbrauch zu gleichen Kosten beibehalten. Beim Energieverbrauch wird es ein Umdenken brauchen.“ 

Nikolai Schubert


„Wir haben bereits konkrete Schritte gesetzt: Bis 2030 wollen wir, 1,5 Millionen Tonnen nachhaltige Chemieprodukte und Kraftstoffe produzieren und 5.000 Schnell- und Ultraladestellen im Verkaufsgebiet der OMV errichten.“

Nikolai Schubert


„In der Luftfahrt liegt der Entwicklungsstand im Bereich Regelung und Steuerung gut 20 Jahre vor jenem der Fahrzeuge. Dort wird intensiv daran gearbeitet, die Akzeptanz bei Pilotinnen und Piloten zu erhöhen: Während die Flugzeuge immer komplexer werden, werden die Cockpits gezielt einfacher und übersichtlicher gestaltet. Man analysiert detailliert, welche Informationen zu welchem Zeitpunkt und in welcher Form bereitgestellt werden sollten, um die Bedienbarkeit und Sicherheit zu optimieren.“

Stefan Jakubek


„Es stehen einige vielversprechende Maßnahmen zur Verfügung, wir benötigen aber auch die richtige Strategie diese Maßnahmen verträglich in die Gesellschaft, Industrie und Wirtschaft einzuführen.“

Nikolai Schubert


„Der Fokus liegt derzeit weniger auf vollständig autonomen Fahrzeugen, sondern darauf, den Fahrer*innen gezielte Informationen und Unterstützung bereitzustellen – etwa durch Hinweise, wie sie kraftstoffsparender oder energieeffizienter fahren können. Das steigert nicht nur die Effizienz, sondern auch die Akzeptanz solcher Technologien.“

Stefan Jakubek

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