Bilder aus Licht

12/25: Je früher und genauer Augenerkrankungen oder Tumore erkannt werden, desto besser können sie behandelt werden. Sanfte Alternative zum invasiven Eingriff: Früherkennung durch auf Licht basierende bildgebende Technologien!

Worum es geht

Die Lebensqualität von Patient*innen kann verbessert werden, wenn Krankheiten bereits in sehr frühen Stadien erkannt werden können, in denen Behandlungen ihren größten Erfolg versprechen und krankhafte Organveränderungen möglichst noch reversibel sind: Idealerweise geschieht die Erkennung auf nicht-invasive Weise, um Komplikationen zu vermeiden – wie mittels Lichtwellen!

Ausgangspunkt für die Forschungen von Rainer Leitgeb und seinem Team war die optische Kohärenztomografie (OCT), ein von mehreren Christian Doppler Labors maßgeblich mit- und weiterentwickeltes Verfahren. Das CD-Labor für Innovative Optische Bildgebung und deren Translation in die Medizin um Laborleiter Leitgeb forschte an der Verbesserung medizinischer, nicht-invasiver Diagnosemethoden mit Hilfe von Licht, insbesondere OCT. Dabei wurden für verschiedene medizinische Bereiche neue bildgebende Diagnosemethoden mit großen Vorteilen für Ärzt*innen und Patient*innen erforscht und entwickelt: "Licht für eine verbesserte Lebensqualität", so das Labor-Motto.

Beispiel: Netzhauterkrankungen

Zur Früherkennung von Netzhaut-Erkrankungen eignet sich die OCT besonders gut: Mit ihr können hochaufgelöste Tiefenschnittbilder des Gewebes erzeugt werden – und das berührungsfrei! Leitgeb und sein Team arbeiteten auf eine noch höhere Auflösung der in diesem Verfahren gewonnenen Bilder hin: Hoch genug, um einzelne Sehzellen im lebenden Auge sichtbar zu machen.

Eine sehr schwierige Aufgabe, da hier einerseits durch die kleine Pupille eines sich bewegenden Auges auf die Netzhaut geblickt werden muss, und das Auge andererseits selbst oft mit Sehfehlern wie Kurzsichtigkeit oder Hornhautverkrümmung behaftet ist, was die Bildgebung zusätzlich erschwert. Doch die Kombination aus schneller paralleler Aufnahme mehrerer Punkte im Auge sowie neuer digitaler Verfahren zur Signalverarbeitung machten es möglich, alle diese Hindernisse zu bewältigen.

Beispiel: Grauer Star

Mittels Augenvermessung wiederum kann via OCT die Augenlänge berührungsfrei, präzise, unkompliziert und bei geringem Infektionsrisiko bestimmt werden, etwa für die Planung von Operationen des Grauen Stars (Katarakt), in denen die trübe Augenlinse durch eine künstliche Linse ersetzt wird. Aber obwohl durch einfache Operationen leicht verhinderbar, ist Katarakt weltweit die Hauptursache von Blindheit – häufig aufgrund mangelnder Verfügbarkeit von modernen, oft sperrigen und teuren Geräten in medizinisch schlechtversorgten Weltgegenden.

Das CD-Labor untersuchte daher alternative, weit kosteneffizientere und auch für sehr kompakte Geräte nutzbare Lichtquellen. Und tatsächlich konnte im CD-Labor eine Methode erarbeitet werden, welche eine leicht verfügbare Lichtquelle nutzt, die bereits zur Gesichtserkennung in Mobiltelefonen mit Jahresstückzahlen in Millionenhöhe Anwendung findet: Dies ermöglicht Point-of-Care-Testing in der Augenvermessung (etwa direkt in der Augenarztpraxis oder in der Patient*innenwohnung).

Beispiel: Tumore ans Licht gebracht

Die erfolgreiche Entfernung von Gehirntumoren ist ebenfalls entscheidend für den Heilungsausblick von Patient*innen und deren Lebensqualität: Eine wichtige Entwicklung sind dabei Fluoreszenzmarker, die Tumorareale gegen gesundes Gewebe kontrastieren. Leider sind niedriggradige Tumore nur schlecht von gesundem Gewebe zu unterscheiden, weshalb (in Zusammenarbeit mit dem Neurochirurgen Georg Widhalm) im CD-Labor an einer Verfeinerung dieser Methode geforscht wurde.

Dazu wurde die Eignung von Fluoreszenzlebenszeit zur Kontrastierung von Tumoren im Hirngewebe anhand von Gewebsbiopsien untersucht: Wenn fluoreszierende Farbstoffe beleuchtet werden, dann nimmt die Lichtemission nach dem Abschalten der Beleuchtung mit einer charakteristischen Zeit ab. Dabei konnte gezeigt werden, dass die Messung dieser Abklingzeit Tumore von gesundem Gewebe mit hoher Empfindlichkeit zu unterscheiden erlaubt – und sogar zwischen verschiedenen Tumorarten differenzieren kann: Ein unschätzbarer Vorteil für die Chirurg*innen!

Mehrwert für Unternehmen und Patient*innen

Patente wurden eingereicht und die Unternehmenspartner konnten auf Basis der Grundlagenforschung im CD-Labor bereits Technologien und Prototypen für Evaluation und Feldversuche entwickeln. Im CD-Labor erarbeitete und verfeinerte Methoden kommen dabei allen Seiten zugute, z. B. bei lichtbasierter Tumor-Erkennung und -Differenzierung: Chirurg*innen erhalten wertvolle Zusatzinformationen, was Heilungsausblick und Lebensqualität der Patient*innen verbessert. Da diese bildgebende Methode leicht in ein chirurgisches Mikroskop integriert werden kann, ist die erfolgreiche Translation in die klinische Praxis relativ unkompliziert und für die Unternehmenspartner kosteneffizient.

Wissenschaftliche Herausforderung

Es ist sehr komplex, mit neueren, bisher weniger erforschten Verfahren und Technologien zu arbeiten, diese weiterzuentwickeln und ideale Anwendungsgebiete für sie zu finden: OCT erwies sich als höchst geeignet für Projekte zur Früherkennung von Netzhaut-Erkrankungen und zur Planung von Katarakt-Operationen, während sich der Ansatz zur Hirntumor-Erkennung während der Laufzeit des CD-Labors wandelte, bis dabei komplett auf das Fluoreszenzlebenszeit-Prinzip fokussiert wurde. Weiterentwicklungen wie die enorme Auflösungs-Erhöhung von OCT-Bildern oder die Möglichkeit der Unterscheidung verschiedener Tumore stellten darauf aufbauende Zusatzherausforderungen dar.

CD-Labor für Innovative Optische Bildgebung und deren Translation in die Medizin

Leitung

ao.Univ.Prof. Dr. Rainer Leitgeb

Medizinische Universität Wien

Laufzeit

01.01.2015 - 31.12.2021

Unternehmenspartner

Carl Zeiss Meditec AG , Carl Zeiss Meditec Inc. , Exalos AG

Interview

Christian Doppler Forschungsgesellschaft

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